Vom Mitleid zum Mitfühlen: Es reicht, ich hab was zu sagen!

Sind wir uns ehrlich, in meiner Altersklasse ist man entweder verheiratet (mit oder ohne Kinder) oder man ist geschieden (mit oder ohne Kinder). Gesellschaftlich alles akzeptiert. Komisch wird es allerdings, für einige Menschen, wenn man so ist wie ich es bin. Status für die Öffentlichkeit: Unbekannt. Definitiv noch nie verheiratet gewesen, noch nie geschieden, kein Kind.

Da ich nicht den Drang habe mich recht zu fertigen, warum ich scheinbar bis dato „unfähig“ war weder ein Kind zu zeugen noch einen Mann an Land zu ziehen und zu heiraten bzw mich wieder scheiden zu lassen, facht das die Diskussionen rund um meinen privaten Status immer wieder an.

Die kreativen Annahmen: Warum mein Status so ist wie er ist

Irgendwann hat es angefangen, dass mich die Annahmen meiner Mitmenschen, über die Gründe warum ich in meinem Alter immer noch Single ohne Kind bin zu belustigen. Wie kreativ manche Menschen Argumente finden für einen anderen Lebensstil, der fern ab von ihrer eigenen Realität ist, ohne einfach direkt nach dem Grund zu fragen, finde ich oftmals mehr als amüsant. Früher muss ich ehrlich gestehen, hat es mich verletzt. Heute stehe ich schon mehr drüber, ganz nach dem Motto lass die Leute reden, weil wenn es nicht das ist über was sie reden, dann reden sie wahrscheinlich über deine neue Frisur die nicht passt. Auch habe ich aufgehört mich zu erklären. Warum etwas Persönliches erklären was niemanden etwas angeht oder anders ausgedrückt, warum Menschen etwas erklären die sowieso schon ihr Urteil gefällt haben? Irgendwie verlorene Liebes-Mühe, ich muss niemanden überzeugen der es nicht will.

Natürlich habe ich auch Angst, dass ich alt, einsam und wunderlich werde. Dass, ich vielleicht schon zuviel alleine und selbständig war und dadurch einfach schon wunderlich nicht passend bin. Dass ich wahnsinnig gerne Zeit mit einem besonderen Menschen verbringe, der bis dato nicht geblieben ist oder ich nicht geblieben bin – oh, ich höre schon auf, euch mit meinen Gedanken und Sorgen zu zu texten.

Nunja, versteh ihr was ich meine? Menschen hören nie auf zu reden. Wichtig ist, dass man weiß wer man selbst ist und was man wirklich will. In meinem Fall mag ich hier nicht näher auf mein „wollen“ eingehen, jeder hat halt seine Geschichte und meine war halt die, dass ich eben hier und jetzt so bin wie ich bin mit all meinen Erfahrungen und Wahrnehmungen. Jedoch, möchte ich mit meinem heutigen Blog-Beitrag etwas ansprechen was mich wirklich manchmal stört oder ich nicht so ganz nachvollziehen kann…

Alleine seine muss unglücklich sein bedeuten

Mich gibt es oftmals alleine. Das heißt ich bin alleine unterwegs, mache meine Sachen alleine. Ich gehe quasi alleine außer Haus und geh ab und an alleine wieder ins Haus. Bei vielen bricht da schon der blanke Schweiß aus: Oh Gott, wie kann man so viele Sachen alleine machen? Die muss ja, arm, einsam, frustriert, dass muss ja ganz schlimm sein.

Was bei mir wiederum Unverständnis hervorruft, da ich mein Leben lang schon so einen Lebensstil habe. Seit Kind an war ich viel alleine, ja klar hat es mich oftmals gestört und ich hatte auch meine Phasen wo ich mich bedauert habe, weil ich mich echt einsam gefühlt habe, aber das waren Phasen. Ich habe mich an das alleine sein gewöhnt und einsam fühle ich mich selten. Ich habe eine großartige Familie und tolle Freunde und vor allem hab ich mich selbst, die immer mit offenen Augen durch die Welt geht und gerne Kontakte zu anderen Menschen knüpft bzw wenn sie alleine sein will sich zurück zieht. Ich habe mit diesem Lebensstil (ob selbst gewählt oder sich so ergeben) eine Freiheit die sich manche Menschen nicht mal in ihren kühnsten Träumen vorstellen können und diese Freiheit hab ich unglaublich schätzen und lieben gelernt.

Mitleid und Mitfühlen

Ich kann somit mit dem ewigen Mitleid was mir primär Frauen entgegen bringen, die seit Jahren dauerhaft in der selben Beziehung meistens kinderreich verheiratet sind, absolut nichts damit anfangen. Gerade bei Familien-Feiern, Hochzeiten, Bällen bin ich diesem Mitleid besonders intensiv ausgesetzt. „Oh, die Arme, Arme Doris, jetzt ist sie wieder alleine da. Noch immer nicht verheiratet, keine Kinder…blablablabla. Dass, die niemanden findet….blablabla. Sie ist einfach eine zu starke Persönlichkeit, Frau, ist doch klar, dass die keinen findet blablabla“ Diese Gespräche ala Bridget Jones lösen bei mir eine Mischung aus müdem Gähnen und Ärgernis aus. Was gibt diesen Menschen das Recht einen Lebensstil den sie selber nicht kennen oder niemals gekannt haben als negativ zu beurteilen und daraus zu schließen, dass man dem Menschen dann ungefragt Mitleid kommunizieren darf? Ich selbst war seit meinem 17 bis zu meinem 32 Lebensjahr fast durchgehend in Beziehungen und sind wir uns ehrlich Beziehungen sind nicht immer der ultimative heilige Gral um glücklich zu sein. Auch Kinder nicht. Ich selbst habe mich oftmals in Beziehungen einsamer gefühlt als mit mir allein. Beziehungen sind Arbeit und nicht immer hollywood-schön.

So what!?!

Jeder aber auch jeder der sich für Beziehung, Familie und Kinder entschieden hat freue ich mich darüber. Jeder der sich anders entschieden hat freu ich mich auch drüber. Ich würde aber definitiv nicht auf die Idee kommen, dass ich andere für ihren geführten Lebensstil be-mitleide. Warum auch, jeder Lebensstil hat sein Für und sein Wider, ob er bewußt gewählt wurde oder das Schicksal seinen Lauf genommen hat. Ich fühle gerne mit, wenn Träume, Wünsche und Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen sind und stehe gerne zur Seite um vielleicht neue Träume, Wünsche und Hoffnungen zu finden, aber gegen Mitleid da wehre ich mich, da ich es unverschämt finde einen mir fremden Lebensstil zu be-urteilen bzw zu ver-urteilen. Das ist eine Grenzüberschreitung die niemanden zu steht.

Vielleicht kontere ich das nächste Mal, wenn ich wieder ungefragt eine Runde Mitleid von Frauen bekomme mit folgenden Worten: „Scheiße, ihr habt Mann und Kinder, boah ihr seid aber arm, habt es noch nie genossen mit euch selbst zu sein. Wisst ihr eigentlich wer ihr selbst seid? Könnt ihr überhaupt mit euch alleine sein? Habt ihr überhaupt Interessen? Ihr tut mir so leid! Ich hätte euch auch so ein Leben wie meines gewünscht.“

Ich denke aber, dass ich höflich genug bin und mir das verkneife werde. Es steht mir schlichtweg nicht zu, einen Lebensstil eines anderen zu be- bzw zu ver-urteilen und in Folge zu be-mitleiden.


Die Fotos in diesem Beitrag sind vom neuen Höhenrausch in Linz. Im Rahmen eines Instawalks habe ich mir die neue Ausstellung ein bisschen anschauen dürfen. Also falls ihr Zeit habt, schaut euch unbedingt den neuen Höhenrausch an. Es ist auch oben am Dach eine kleine Bar #obenlinz und das Sommerkino wird es auch wieder geben. Danke an #instagram_austria für den Instawalk.